Der Surrealismus soll im Rahmen eines Happenings an einem Abend ausverkauft und ihr revoltierender Geist ohne die Form des Surrealismus in die heutige Zeit überführt werden.

Bücher von Aragon, Breton, Soupault, Assamblagematerialien und acht gemeinsame surrealistische Collagen von den Künstlern Jeannine Bruno und Kristóf Szabó werden von den Künstlern zu je eine Mark ausverkauft.

Jede/r Käufer/in darf nur einen Gegenstand erwerben. Es muss mit einer Münze zu eine Mark bezahlt werden. Es muss auf den erworbenen Gegenstand geschworen werden. Durch eigenhändige Unterschrift des Käufers muss der Vertrag ratifiziert werden.

Die Künstlerin Jeannine Bruno legt die Münze in einen Gefrierbeutel, verschließt ihn, klebt ihn in ein Foto-Album ein. Der/Die Kunde/in wird nun den Schwur leisten: Hierfür legt er/sie die Hand auf den erworbenen Gegenstand und gemeinsam mit dem Künstler Kristóf Szabó sprechen sie laut und deutlich vor allen Anwesenden:

Das einzige, was zählt, ist die Revolte.
(beim Erwerb eines Buches oder Assemblagematerials)
bzw.:

Wir erklären, dass jeder Beweis eine Huldigung an ein Axiom ist, an den Nagel am Himmel. Diesen Kniefall machen wir nicht.
(beim Erwerb einer Collage).

Jeannine Bruno macht von dem/der Käufer/in eine Polaroid-Aufnahme und klebt das fertig entwickelte Foto in das Album ein. Der genaue Wortlaut des Schwurs wird von Kristóf Szabó mit rotem Filzstift unter dem Foto und der Mark im Album festgehalten. Künstler und Kunde/in bestätigen die Gültigkeit des Vertragswerks vor allen Anwesenden durch ihre eigenhändige Signatur.

Der Vortrag von Gedichten von Kristóf Szabó unterbricht die Aktion in regelmäßigen Abständen. Die Sprecherin Sonja Kling (von der Münchner Lach- und Schießgesellschaft) erhält eine Assemblage von den Künstlern als Bezahlung für ihre Arbeit. Anschließend wird eine Erklärung von Kristóf Szabó und Jeannine Bruno verlesen und die Gemälde der Künstlerin werden enthüllt. Sie bleiben bin Mitternacht unverkäuflich. In dem auf drei Räume unterteilten Salon sind außerdem Assamblagen in klassischem surrealistischem Manier, Gemeinschaftswerke von Jeannine Bruno und Kristóf Szabó, zu sehen und zu erwerben. Der Handel soll nicht vor Mitternacht abgewickelt werden.

 

Schwur beim Erwerb einer Collage:

Wir erklären, dass
jeder Beweis
eine Huldigung an ein Axiom ist,
an den Nagel am Himmel.

Diesen Kniefall machen wir nicht.



Schwur beim Erwerb eines anderen Gegenstandes:

Das einzige was zählt ist die Revolte

 

Verlesene Erklärungen I:

Die Absolute Vernunft,
dieser permanente Selbstmord
hat triumphiert: Sie hat sich der Gefahr
der Gleichzeitigkeit von
Ursache
Wirkung
Gelebtem
Gestorbenem
entwunden. Diesen scheinbaren K.O. Sieg
verdankt sie der Vorstellung von der Form. Was
soll das sein, diese Form? Ware? Jedes Stück –
... eine Mark...
Das Einzige, was zählt, ist
die Revolte!

 

Verlesene Erklärungen II:

Wir erklären,
dass
wie der Akademiker
vom Poeten am weitesten entfernt ist,
so ist die Metaphysik
am weitesten entfernt vom Absoluten.
Wir erklären,
dass
Die Metaphysik
totalitär und liberal,
das Absolute aber
umfassend und libertinär ist,
des Weiteren:
dass
Leidenschaft
niemals demokratisch ist,
außer
sie ist keine Leidenschaft mehr,
sondern Kalkül.

Wir erklären,
dass
die Metaphysik
nicht die Kehrseite des Absoluten
sondern ihr verschlossener Sarg ist.




Wir stellen fest,
dass
die Welt, auch
die Nichtwelt - auch
das Unsagbare
das Absolute in Permanenz sind, ohne dass
der Beweis
angetreten und so
die Metaphysik erbracht werden müsste.

Wir erklären,
dass
jeder Beweis
eine Huldigung an ein Axiom ist,
an den Nagel am Himmel.
Diesen Kniefall machen wir nicht.

Wir bekennen uns
Zur Aufmerksamkeit in der Permanenz.
Ihr Spiel ist poetisch
mit oder ohne Poesie.
Diese Kraft nennen wir:
Visionäre Transformation.

Jeannine Bruno im Forum poetischer Kulturen Christian Ingomar Norbert Jährling Francesco Tornabene Bettina Kling Klaus Galow Julia Kathan Rachel Hüwel + Ehemann Hr. Hüwel Hanne Kremin Jens Weber Gerlando Bruno Marlies Bruno Cecília Szabó Chang Olivér Szabó Zsuzsanna Szabó Franziska Niedrig Amin Farzanefar Eva Betton Davide Cappello Ronny Lenk Maurice Peter Schneider-Rabel Sinem Sonja Kling

Die Aktion fand statt am
Sonntag, dem 2. Dezember 2001


Mit Bildern
von Jeannine Bruno,
und Texten
von Kristóf Szabó,
gelesen von Sonja Kling

Polaroids: Jeannine Bruno

Ort:
WESPENNEST
Davide Cappello
Palmstraße 25
D-50672 Köln

Realisation der Seite:
Peter Schneider-Rabel
psrabel.com




Alle verlesenen Texte liegen als
PDF zum Download
vor.

Jeannine Bruno Christian Ingomar Norbert Jährling Francesco Tornabene Bettina Kling Klaus Galow Julia Kathan Rachel Hüwel + Ehemann Hr. Hüwel Hanne Kremin Jens Weber Gerlando Bruno Marlies Bruno Cecília Szabó Chang Olivér Szabó Zsuzsanna Szabó Franziska Niedrig Amin Farzanefar Eva Betton Davide Cappello Ronny Lenk Maurice Peter Schneider-Rabel Sinem Sonja Kling
   

Das Hörrohr

Und
Knochenstrauch sprießt mir aus dem Schädel Und

du
Knotest Bänder
an jeden steinern klopfenden Zweig

Schon werde ich unsichtbar
Und

Ich fliege mit
nach unten aufgehängtem Kopf
Doch
Ich könnte alle Türen öffnen
Und
Ich öffne alle Türen
tiefer
nach innen

Tschage-Tschaga!

   

Fremder Blick aus fremdem Fenster

Jemand nahm mir den Schlüssel ab. Ich biss an der gesprungenen Seite ins Glas und an meiner Lippe quoll Blut hervor. Sie hatte zu Turm geflochtenes Haar, die unbekannte weibliche Angestellte, sie nahm mir den Splitter von den groben Spitzen meiner Zähne und warf ihn zum Fenster hinaus.

 

Aus dem erblickte ich a: die Kinder, die spielten, b: am See den Baum, in dem ein Adler saß. Da verschloss die Frau das Fenster und ging aus dem Raum, auf dem weißen Fellboden einen schwarzen Streifen ziehend mit ihrem hübschen Fuß.

   

Eulen Blues

An den Brücken seilen sich an Fäden die Spinnen
die Eulen hinab
  Ich sagte
An den Brücken seilt sich an einem silbernen Faden
eine Eule hinab

 

Ich schäme mich nicht, es auszusprechen
An silbernen goldenen Fäden hängen von
Den Brücken über dem Wasser die Eulen

Ich schäme mich nicht, es auszusprechen
"An silbernen goldenen Fäden hängen von
Den Brücken über dem Wasser die Eulen



 

Wo die Oberfläche des Wassers aufflattert
Gibt es
Einen Schleier, der sich mit dem Südwind
nach links bewegt

Und im tiefen Zwischenraum
Passiert eine plötzliche Verschiebung
Am offenen Horizont.

 

Ritus infektiosus

Meine Gefährten! – stöhnt der – wuff! – Hund. Wenn wir böse mit ihm wären, seine Ketten abnähmen, dort an Ort und Stelle würde er sich am Saum der Zirkelgrenze seines ausgetretenen Haushofes niedersetzen und den Zirkularerhitzer seiner Behausung suchen. Er weint. Schiebt den Hals hinüber. Sein Immunsystem ansteckend werde ich seine nach innen haarende ekelhafte Lauheit überleben. Das Bakterium, das er so angsterfüllt spürt, muss gänzlich

 

ausbrechen! Diese Krankheit fährt nach Antlogonis! Das willst du, Hund!? Du Aas. Was kümmert es mich? Die Kultur ist fröhlich, mutiert herum...und bringt den pinken irokesen Barbieflammenschweif – kaufe sie! – glühend hervor. Dieser hier ist freilich ein schon ganz anderer Schweif. Das Hündchen heult nachts! Es verreckt, oder kommt – komm, kluger Hund! –, rüber auf die andere Seite.
Ich mit ihm, gelangen wir ins hintere Zimmer, ins (so scheints) wunderbare Labyrinth.

   
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